Sinfoniekonzert 3 Festival Strings Lucerne, Leitung Daniel Dodds, Solist Sir James Galway, 14. August 2017, besucht von Léonard Wüst

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Festival Strings Lucerne c Emanuela Ammon

Besetzung und Programm:

Daniel Dodds  Violine und Musikalische Leitung

40. Luzerner Bühnenjubiläum von Sir James Galway

Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791)
Sinfonie A-Dur KV 201 (186a)
Flötenkonzert D-Dur KV 314 (285d)
Jean Sibelius (1865–1957)
Suite aus Pelléas und Mélisande op. 46

Rezension:

Die Festival Strings Lucerne, als zweites Hausorchester, nebst dem Residenzorchester KKL Luzern (das bis letztes Jahr Luzerner Sinfonieorchester hiess), werden vom Publikum immer sehr herzlich empfangen, das war auch diesmal nicht anders. Ihr Chef, Daniel Dodds, erhob sich nur kurz, um die Instrumente lupenrein stimmen zu lassen und setzte sich dann, leitete sein Orchester also sitzend, seine Anweisungen mittels Augenkontakt und Körpereinsatz vermittelnd.

Gestartet wurde mit Mozarts Sinfonie A-Dur, die dieser bereits im jugendlichen Alter von 18 Jahren komponiert hatte. Gewohnt feinfühlig, dennoch bestimmt führte Daniel Dodds seine Mitmusiker durch die vier Sätze. Der erste Satz bedient sich der Sonatenform (Exposition – Durchführung – Reprise) und beginnt mit einem von den Streichern vorgetragenen Oktavensprung und – was damals noch ganz ungewöhnlich war – im Piano. Sobald das Orchester im Forte spielt, kommen die Bläser dazu: Zwei Hörner und zwei Oboen. Auch der zweite Satz ist in Sonatenform und wird von den Streichern mit aufgesetzten Dämpfern gespielt. Die Bläser kommen dabei nur wenig zum Einsatz. Das Menuett ist durch seine marschartigen Rhythmen in punktierten Vierteln gekennzeichnet, wobei sich Streicher und Bläser gegenseitig abwechseln. Auch beim im 6/8 Takt gehaltenen energischen vierten Satz ist erneut die Sonatenform erkennbar, wobei die Oktavensprünge des ersten Satzes wieder aufgenommen werden Die zeitweise opulente Dramatik gipfelte in den «durch Pausen abgesetzten Ketten von Sechzehnteln im Staccato», die das Publikum damals „Raketen“ nannte, die zügig ausgespielt wurden.. Eines der herausragenden Werke aus Mozarts frühem Schaffen wurde von den „Strings“ perfekt zelebriert, wofür sie einen langanhaltenden stürmischen Applaus des Publikums ernten durften.

Mozarts ambivalentes Verhältnis zur Flöte

Der Komponist schrieb seinem Vater am 14. Februar 1778 aus Mannheim, als er den Auftrag des holländischen Arztes Ferdinand Dejean zur Komposition einiger Werke für Flöte angenommen hatte, dass er nur widerwillig ein Werk schreibe, für ein Instrument, das er nicht leiden könne. Vereinbart war ein Honorar von 200 Gulden, das dann von Dejean auf 96 reduziert wurde, da er mit der „Lieferung“ unzufrieden war. Dies zum Verdruss des geschäftstüchtigen Leopold Mozart. Die Werke waren alles andere als leicht, wie dies vom Amateurflötenspieler Dejean bestellt war und zudem nicht eigens für diesen komponiert. Dies alles hinderte aber Mozart nicht, 14 Jahre später mit der Komposition der „Zauberflöte“, einem Meisterwerk der Musikgeschichte, genau diesem Instrument ein Denkmal zu setzen.

Zitat ab Homepage des Lucerne Festivals Hätte Mozart Galway gekannt, hätte er sicher mehr als nur zwei Konzerte für das Instrument geschrieben. Denn Sir James bezaubert mit erlesenem Ton, makelloser Technik, musikalischem Tiefgang und funkensprühendem Temperament.

Der Auftritt des Meisters der Querflöte

Die Festival Strings Lucerne und Sir James Galway an der Flöte harmonierten im KKL prächtig. Bild Peter Fischli Lucerne Festival

Für eines dieser Werke, das Flötenkonzert D-Dur, betrat nun der Solist des Abends, Sir James Galway, gekleidet in schwarzer Hose, weissem, glitzernden Jackett, garniert mit bordeauxroter Krawatte und gleichfarbigem Einstecktuch, die Bühne. Auch die Leitung dieses Werkes absolvierte Dodds sitzend. Dies ist ja auch bequemer, wenn man dazu noch Konzertmeister ist, also die erste Geige spielt.

Galway deponierte noch das, dem Einrollen der Flöte dienende blaue Tuch auf dem Notenständer von Dodds und stellte sich, die Flöte angesetzt, neben diesen. Auch nach all den Jahren hat Galway den gleichen feinen Ansatz, bezaubert immer noch mit der Brillanz in hohen Lagen, nimmt das Orchester mit, diktiert das Tempo, tremoliert sich durch die Partitur, filigranste Fingertechnik demonstrierend. Selbst wenn er sich im Rahmen bewegt, klingt es oft improvisiert, was aus jeder Komposition irgendwie einen „Original Galway“ macht. Auch dass er dabei noch Zeit findet, mit dem Publikum zu flirten, machen seine Auftritte so einmalig. Die Begeisterung brach sich denn auch mit einem Applausorkan Bahn, den er nach einiger Zeit durch Gesten zum Abbrechen brachte indem er unvermittelt die erste Zugabe mit «Bardinerie» aus Bachs zweiter Orchestersuite folgen liess, die das Auditorium zu noch mehr Applaus anspornte. Zweite Zugabe nach nicht enden wollendem Applaus noch eine irisch angehauchte, schalkhafte Improvisation auf einer kleinen irischen Flöte (einem Piccolo nicht unähnlich), einem Instrument, das er ebenso meisterhaft beherrscht wie die Querflöte. Auch danach erhielt d Der Solist wieder begeisterten Applaus, zu einer stehenden Ovation hats aber nicht ganz gereicht.

Heimspiel für Sir James, «dem Mann mit der goldenen Flöte»

Sir James Galway Solist Flöte

Der gebürtige Nordire(*1939) James Galway wohnt mit seiner Frau schon seit sehr langer Zeit in Meggen, einer Luzerner Nachbargemeinde. So war sein Auftritt also ein veritables Heimspiel. Besonders schön, dass er damit gleichzeitig auch sein 40jähriges Bühnenjubiläum am Lucerne Festival feiern konnte feiern konnte, an dem er 1977 debütierte.

Bereits mit zwölf Jahren gewann Galway die ersten musikalischen Preise, danach arbeitete er als Klavierstimmer, bevor ein Stipendium ihm das Studium am Royal College of Music ermöglichte, dem weitere Studienaufenthalte an der Londoner Guildhall School und am Pariser Konservatorium folgten. Er war der erste, der als Flötist nicht fix bei einem Orchester engagiert war, sondern von Anfang an auf eine Karriere als Solist setzte.

 

Im zweiten Konzertteil ein Werk eines nordischen Musikgottes (Jean Sibelius)

Mit der Suite aus «Pelléas et Mélisande» von Jean Sibelius, die aus acht kurzen Sätzen besteht, tauchte man in die Märchenwelt dieser geheimnisvollen, identitätslosen Frau ein. Schwebend gestaltete das Englischhorn wehklagend die düstere Melodie der Mélisande, die sich im finsteren Schloss verloren fühlt. In dem Satz «Mélisande am Spinnrad» wurde durch die ständig schnurrende Bewegung in den Bratschen und die vorwärtsdrängenden Themen der Holzbläser die unheimliche Stimmung verstärkt. Sibelius hat auch viele Sequenzen in die Partitur geschrieben, in denen die Celli gezupft, nicht gestrichen werden, was den Klang noch dunkler und geheimnisvoller macht. Die Pausen zwischen den Sätzen etwas lang und man wurde zwischen tragischer Schwere und tänzerischer Leichtigkeit hin- und hergerissen. Gut vorstellbar, dass die Komponisten der Filmmusik zu den skandinavischen Kriminalfilmen, sich von diesen düsteren Motiven inspirieren lassen. Der Aufbau der Komposition,  sowie deren Klangfarbe, erzeugen den Hauch Melancholie, die der nordischen Musik eigen zu sein scheint und die den Zuhörer unmittelbar berührt, gar aufwühlt. Wenn das Werk dann noch so intensiv gefühlvoll interpretiert wird, wie hier durch die „Strings“, ist das Publikum begeistert und feiert die Protagonisten dementsprechend und belohnte sie mit stürmischem, langanhaltendem Applaus.

Als Zugabe nochmals Sibelius. Die «Valse ­Triste»  wurde in der Interpretation von Dodds und den Festival Strings zum emotionalen Höhepunkt, in dem die tiefe Klangdichte in allen Nuancen ausgereizt wurde. Wie die Strings aus dem Fundament des Themas in fast verträumte Walzerseligkeit wechselten und sanft in den Anfang zurückfanden, war absolute Weltklasse. Das dankbare Publikum feierte die Protagonisten denn auch mit wahren Applauskaskaden

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch       www.festivalstringslucerne.org/de/home

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