Besetzung und Programm:
Chamber Orchestra of Europe Leonidas Kavakos Dirigent und Violine
Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791)
Konzert für Violine und Orchester G-Dur KV 216
Joseph Haydn (1732–1809)
Sinfonie g-Moll Hob. I:83 La Poule
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
Rezension:
„Prima Donna“, der Sommer wird meisterinnenhaft, lautet das Motto des diesjährigen Sommerfestivals, das Sinfoniekonzert 5 wurde aber von einem „Primo Uomo“ geprägt, Leonidas Kavakos, der erstmals in Luzern nicht nur als Violinen Solist, sondern auch als Dirigent auftrat. (Sein Debut in Luzern hatte er im Jahre 1999). Der Start imposant fulminant mit Mozarts, im September 1775 komponierten, Violinkonzert G – Dur. Natürlich war hier der Grieche vor allem als Solist gefordert, seine Mitmusiker leitete er nebenbei mit Augenkontakten und Kopfbewegungen. Mehr braucht es auch nicht bei so einem hervorragenden Klangkörper. So demonstrierte Kavakos sein aussergewöhnliches Talent im Umgang mit der Violine und setzte die Musik des Salzburger Musikgenies perfekt in Szene. Seine offensichtliche Neigung zum Schalk war dafür natürlich zuträglich, hatte doch auch der Komponist genügend von Selbigem. Dieses kindlich unbeschwerte kam besonders in den Volksmusik ähnlichen Sequenzen spielerisch leicht und fröhlich daher, technische Herausforderungen waren kaum als solche zu erkennen, derart locker handhabte Kavakos sein Instrument. Frenetischer Applaus war der verdiente Lohn für diesen Hörgenuss, sichtlich genossen vom gebürtigen Athener.
Zum Komponisten und über den Künstler:
Allzu oft vergisst man, dass Mozart nicht nur ein ungewöhnlicher Klaviervirtuose, sondern auch ein hervorragender Geigenspieler war und deshalb schon ab 1769, als 13jähriger, die Position des Konzertmeisters der Salzburger Hofkapelle innehatte, wenn auch anfangs noch unbesoldet.
Leonidas Kavakos spielte zunächst die Falmouth-Stradivari von 1692 und eine Giovanni Battista Guadagnini von 1782 (Turin). Seit Februar 2010 spielt Kavakos die Abergavenny-Stradivari von 1724 sowie die Violinen der modernen Geigenbauer David Bagué, Stefan-Peter Greiner und Florian Leonhart
Grundsätzliches zum zweiten aufgeführten Werk
Der Comte d`Ogny, Claude François Marie Rigolet, bestellte um 1784 bei Joseph Haydn sechs Sinfonien für das Pariser „Concert de la Loge Olympique“. In dieser Zeit wurden in Paris fast ausschliesslich Werke von Haydn aufgeführt.
Bei der Sinfonie g-Moll Hob. I:83 setzte der Grieche verblüffende Akzente mit ungewöhnlichen Rhythmusvariationen, die dem „La Poule“ (das Huhn) genannten Werk, einen erstaunlich straffen, frischen Touch verliehen und sie durchlüftete. Eine Interpretation, die auch den Orchestermitgliedern sicht- und hörbar Freude machte. Diese Freude übertrug sich natürlich auch auf das Publikum, das die Darbietung heftig beklatschte und so den Dirigenten n och ein paarmal auf die Bühne zurück beorderte.
Nach der Pause erwartete uns noch die meist etwas stiefmütterlich behandelte Sinfonie Nr. 4 B – Dur op. 60 (1806) von Ludwig van Beethoven.
Schwer zu verstehen, wieso dieses Meisterwerk eher ein Mauerblümchendasein fristet, steht sie doch den andern Beethovenschen Sinfonien in nichts nach. Der Prinz (Leonidas Kavakos) küsste, zusammen mit dem Orchester, das Dornröschen ( die Vierte) symbolisch wach. Leitete der Dirigent seine Mitmusiker im ersten Teil des Konzertes bloss mittels Gesten, bediente er sich nun auch eines Taktstockes und eines, in der Pause aufgestellten, Dirigentenpultes. Mit vollem Körpereinsatz animierte und motivierte Kavakos seine Mitmusiker zu Höchstleistungen, forderte da etwas mehr Wucht, kitzelte dort samtene Streicher hervor, animierte mal zu kräftigen Paukenschlägen, forcierte das Tempo, forderte die Bläser gestenreich heraus, liess sanfte Tremolo durch den Raum schweben, führte das Orchester durch ruhigere Passagen um es dann zu einem furiosen, mächtigen Finale aufzupeitschen. Donnernder Applaus garniert mit Bravorufen honorierten diese Gewaltsleistung eines überwältigenden musikalischen Gefühlsausbruchs der Protagonisten. Dabei gebärdete sich der Grieche nie wie eine „Prima Donna“, sondern blieb immer der „Primus inter Pares“. Auch dem zollte das Auditorium Respekt und der Applaus brandete noch lange durch den Saal, konnte aber die Künstler doch nicht zu einer Zugabe bewegen.
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch
www.gabrielabucher.ch Paul Ott:www.literatur.li