Eine Initiative verlangt, dass die Stadt Sursee per 2028 die Gemeindeversammlung
durch ein Stadtparlament ersetzt. Der Stadtrat lehnt die Initiative ab. Mit der
Beibehaltung der Gemeindeversammlung sei sichergestellt, dass alle
Stimmberechtigten sich direkt äussern und mitbestimmen können.
Die Stadt Sursee hat ein gut funktionierendes und ausgewogenes politisches System. Mit dem
Stadtrat, der Controlling-Kommission und der Gemeindeversammlung gibt es drei Gremien,
die den politischen Prozess begleiten und ihren Kompetenzen entsprechend steuern. Die
Stimmberechtigten und politischen Parteien können an den Gemeindeversammlungen mit
Anfragen ihre Anliegen einbringen und sich in Voten und mit Anträgen zu den Sachgeschäften
äussern. Daran will der Stadtrat festhalten. Er lehnt die Gemeindeinitiative zur Einführung
eines Stadtparlaments ab. Diese verlangt, dass ab 2028 in der Stadt Sursee die
Gemeindeversammlung durch ein Parlament abgelöst wird (siehe Kasten). Ein Anliegen der
Initiantinnen und Initianten ist es, die Demokratie zu fördern und zu stärken. Der Stadtrat
unterstützt dies vollkommen. Ein Parlament erachtet er allerdings nicht als zielführende
Lösung. Der direkte Bezug der Bürgerinnen und Bürger zu den politischen Geschäften geht
mit einem Parlament verloren.
Direkte politische Mitbestimmung
«Gemeindeversammlungen sind wichtig für die demokratische Teilhabe», sagt
Stadtpräsidentin Sabine Beck-Pflugshaupt. Gerade im Zeitalter von sozialen Medien, wo
Diskussionen oftmals in Blasen und gleichgeschalteten Gruppen stattfinden, ermöglichen sie
einen offenen, problem- und lösungsorientierten Diskurs zwischen verschiedenen
Personenkreisen. «An der Gemeindeversammlung können sich alle interessierten
Stimmberechtigten äussern und direkt mitbestimmen, unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit.»
Auch nicht organisierte Gruppierungen, wie zum Beispiel Parteilose, haben so die Möglichkeit,
sich politisch Gehör zu verschaffen und mitzuentscheiden.
Parlamente indes sprechen einen kleinen Teil der Bevölkerung an. Sie sind stark auf
Parteipolitik fokussiert – wobei Ortsparteien immer mehr Mühe bekunden, geeignete
Personen für öffentliche, kommunale Ämter zu finden. Um die Demokratie zu stärken, will die
Stadt zeitgemässere Wege gehen, indem sie die Mitwirkung und Partizipation weiter fördert.
Ab dem nächsten Jahr führt Sursee beispielsweise die E-Mitwirkung ein. Die Bevölkerung
kann sich digital zu ausgewählten Themen äussern und ihre Anregungen einbringen. Weiter
hat die Stadt Sursee in den vergangenen Jahren ihr Informationsangebot deutlich ausgebaut
und als eine von wenigen Gemeinden im Kanton Luzern das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt.
Der Stadtrat führt bei zentralen Themen Vernehmlassungen durch und setzt bei der
Erarbeitung der Geschäfte parteiübergreifende Kommissionen ein. Zudem pflegt der Stadtrat
bereits heute einen engen Kontakt zur Bevölkerung und verschiedenen Gruppierungen.
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Regelmässig finden Informations- oder Mitwirkungsanlässe zu verschiedenen Themen und
Projekte statt. Es gibt Gespräche und institutionalisierte Treffen mit den politischen Parteien,
Kommissionen, Verbänden, Vereinen sowie Unternehmerinnen und Unternehmern. «Der
Austausch mit einzelnen Gruppierungen und der Bevölkerung ist uns sehr wichtig. Diesen
wollen wir künftig weiter intensivieren», sagt Sabine Beck-Pflugshaupt und fügt an: «Uns ist es
ein grosses Anliegen, dass wir der Bevölkerung einen einfachen Zugang zur städtischen
Politik ermöglichen und Hürden abbauen.» Die Einführung eines Parlaments widerspreche
diesem Grundsatz. Durch den Parlamentsbetrieb würde der politische Prozess stark
formalisiert und bürokratisiert. Der Weg bis zu einem Entscheid wäre deutlich länger.
Geschätzte Kosten von halber Million Franken pro Jahr
Der Aufbau und Betrieb eines Parlaments ist teuer, zeit- und personalintensiv. Die grob
geschätzten, jährlich wiederkehrenden Kosten betragen rund 500’000 Franken. Hinzu
kommen Ausgaben für den Aufbau eines Parlamentsbetriebs in der Höhe von geschätzt
114’000 Franken. «Wir wollen möglichst schlank und effizient arbeiten», sagt Sabine Beck-
Pflugshaupt. «Mit einem Parlament ist dies weniger gegeben.» Zudem bezweifelt der Stadtrat,
dass die Entscheide ausgewogener sind, als jene der Gemeindeversammlung. Weiter ist
davon auszugehen, dass – vor allem vor einem Wahljahr – mittels Vorstösse viele
parteipolitisch motivierte Anliegen platziert werden, die Partikularinteressen vertreten.
Stimmberechtigte entscheiden im März 2024
Der Stadtrat findet es wichtig, dass die Surseerinnen und Surseer die Möglichkeit haben, eine
Diskussion über ihr künftiges politisches System zu führen. Er dankt den Initiantinnen und
Initianten für die Einreichung der Initiative. Vorgesehen ist, dass die Stimmberechtigten an der
Gemeindeversammlung vom 4. März 2024 darüber befinden werden.
Das will die Gemeindeinitiative
Anfangs Juli 2023 hat ein überparteiliches Komitee die Initiative «Zur Einführung eines
Stadtparlaments» mit 353 gültigen Unterschriften eingereicht. Verlangt wird, dass die
Gemeindeversammlung darüber entscheiden kann, ob sie ein Stadtparlament schaffen will.
Stimmt sie dem zu, soll die Gemeindeordnung revidiert und der Gemeindeversammlung
unterbreitet werden. Das einzuführende Stadtparlament soll erstmals 2028 für die Amtsdauer
2028 bis 2032 gewählt werden. Die direkte Mitwirkung der Stimmberechtigten soll garantiert
werden, beispielsweise mittels Volksmotion. Lanciert wurde die Initiative von Mario Cozzio im
Namen der Grünliberalen Partei Stadt Sursee, Joachim Cerny im Namen der FDP.Die
Liberalen Sursee, Samuel Zbinden im Namen der Grünen Sursee, Nikolai Romanov im
Namen der SVP Stadt Sursee sowie von Beni Rindlisbacher, Sursee.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]