Besetzung und Programm:
Regula Mühlemann and Friends singen Arien und Ensembles aus Opern und Operetten, begleitet vom Orchester des Stadttheaters Sursee unter der Leitung von Isabelle Ruf-Weber.
Johann Strauss Die Fledermaus Ouverture Orchester
W. A. Mozart Così fan tutte Ah, scostati!… Smanie implacabili Stephanie Szanto
Il core vi dono Serafin Heusser, Stephanie Szanto
Le nozze di Figaro Hai già vinta la causa Alexandre Beuchat
Crudel! Perchè finora farmi languir così? Olivia Allemann, Alexandre Beuchat
La clemenza di Tito Ah,perdona al primo affetto Regula Mühlemann, Stephanie Szanto Come ti piace imponi Olivia Allemann, Stefan Wieland
Die Zauberflöte Bei Männern, welche Liebe fühlen Alexandre Beuchat, Regula Mühlemann
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen Regula Mühlemann
Questo giorno di tormenti Ensemble
PAUSE Regula Mühlemann im Gespräch mit Hans Ambühl
Carl Zeller Der Vogelhändler Als geblüht der Kirschbaum Regula Mühlemann
Johann Strauss Die Fledermaus Komm mit mir zum SouperAlexandre Beuchat, Serafin Heusser
So muss allein ich bleiben Olivia Allemann, Serafin Heusser, Regula Mühleman
Ich lade gern mir Gäste ein Stefan Wieland
Spiel ich die Unschuld vom Lande Regula Mühleman
Im Feuerstrom der Reben Ensemble
Rezension:
Mit der „Ouvertüre“ aus der Fledermaus“ von Johann Strauss hatte die künstlerische Leiterin und Dirigentin Isabelle Ruf, genau das optimale Stück gewählt für den Start in diesen aussergewöhnlichen Galaabend vor proppenvollen Rängen im Stadttheater Sursee. Ebenso schwungvoll, wie die Chefin den Takt angab, sollte sich der ganze Abend erweisen. Das Surseer Operettenorchester, agierte für einmal auf der Bühne, nicht wie sonst, quasi im Orchestergraben versenkt und grossmehrheitlich unsichtbar. Der Grund: Man hatte einen veritablen weiblichen Gesangs Weltstar zu Gast, deren leiblichen und musikalischen Lebensfäden mit diesem Hause eng verwoben waren, wie wir später noch erfahren sollten. Und ebendiese, gebürtige Adligenswilerin, Regula Mühlemann mit Namen, gab ihre Gesangskünste zusammen mit Sängerinnen und Sängern des Surseer Operettenensembles zum Besten im Rahmen eines Benefizkonzertes. Sie stellte sich dafür zur Verfügung, obwohl sie noch bis am 22. Juni als Echo in „Ariadne auf Naxos“ im Teatro alla Scala in Mailand engagiert ist
Erst etwas schüchtern, dann aber forsch drauflos
Die lokalen Gesangsgrössen, also die junge Weltklasse des Hauses, kamen zuerst zum Handkuss, respektive zum Singen und das gleich mit Mozart, was Stephanie Szanto doch etwas zu beeindrucken schien. Das änderte sich aber schlagartig, als Serafin Heusser für das folgende Duett selbstsicher zu ihr auf die Bühne trat. Die beiden intonierten „Il core vi dono“ als stünde diese Oper allabendlich auf ihrem Programm.
Das Publikum, angetan vom Gebotenen, spendete reichlich Beifall. Ebenso selbstverständlich selbstsicher sang sich danach Bariton Alexandre Beuchat in Figaros Hochzeit, ihm zur Seite gesellte sich Olivia Allemann für das nachfolgende Duett, auch sie beeindruckend sicher und gesanglich ebenso einwandfrei wie ihre Vorgänger/innen.
Also das, was man bei einem Popkonzert Support Act oder Vorgruppe nennt, hatte schon mal überzeugt, wurde mit dem entsprechenden Applaus gewürdigt und machte Appetit auf mehr.
Dann stand sie wahrhaftig da, die weltweit gefeierte Sopranistin
Aber, auch Bescheidenheit ziert, nicht als Solistin, sondern erst mal als „normales“ Mitglied der vier, für die folgenden Arien aus „La Clemenza di Tito“ benötigten Sänger/innen. Regula Mühlemann und Mezzosopranistin Stephanie Szanto harmonierten ebenso perfekt in ihrem Duett, wie dies Olivia Allemann und Stefan Wieland (wieder einmal in einer typischen Hosenrolle) nach ihnen taten. Die nicht nur akustisch äusserst attraktive Künstlerin, mit einem braunen Top zu einem orangen Plisséejupe gekleidet, hatte das Auditorium sofort in ihren Bann gezogen, was keinesfalls die grossartigen Leistungen aller andern Beteiligten schmälern soll, sie war halt einfach schlicht der „Aushänger“ dieses Galakonzerts.
Aufmerksamkeit des Auditoriums nun mehr auf Regula Mühlemann
„Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus der Zauberflöte, im Duett mit einem auf Augenhöhe, respektive stimmlicher Ebenbürtigkeit singenden Alexandre Beuchat, stand sie schon mehr unter Beobachtung der Zuhörer, da dies kurz vor ihrer ersten Solo Arie war und die, wird sich erweisen, sollte es in sich haben. Vorher aber gab’s noch einen langanhaltenden kräftigen Applaus, der nicht nur den im Moment auf der Bühne befindlichen Akteuren galt, sondern das gesamte Ensemble inklusive Dirigentin und Orchester einschloss.
Sekundenbruchteil des Schreckens
Was man eher bei einer, einem der Nachwuchstalente erwartet hätte, ein kleiner Aussetzer, Patzer oder Ähnliches, hatte dann ausgerechnet Regula Mühlemann bei der äussert heiklen Mozartarie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ (Die Königin der Nacht), aus dessen Zauberflöte. Möglicherweise durch etwas irritiert, hatte sie eine ganz kurze Unsicherheit in einer der höchst anspruchsvollen Koloraturen der Arie, im sogenannten „Flageolett Register“, mit einigen Tönen über c’’’ (c3), der höchste ist f’’’ (f3), was nicht nur die Kenner im Zuschauerraum, sondern sichtlich auch die Dirigentin kurz irritierte. Diese Arie ist eine der fordernsten der gesamten Sopranistinnen Literatur überhaupt. Aber auf der Bühne gibt’s nur das Weitermachen und routiniert überspielte man dies und schlussendlich war man sich fast nicht mehr sicher, ob es tatsächlich so war (sowas kann der doch gar nicht passieren), oder ob man es nur so wahrgenommen hatte. Wie mich Isabelle Ruf anderntags wissen liess, war es das erste Mal, dass Regula Mühlemann diese Arie vor Konzertpublikum sang, also kamen wir unverhofft sogar noch zu einer veritablen Weltpremiere. Dies wertet das Renommee des Surseer Stadttheaters sogar nochmal auf, noch nicht grad auf das Niveau einer „Scala“, aber zu einer „Scaletta“ reichts schon mal, haben doch auch wir eine kleine Treppe (Scala) vom Herrenrain zum Theater. Das Auditorium zeigte sich von diesem Detail unbeeindruckt und spendete den Protagonisten stürmischen und langanhaltenden Applaus, genoss noch das den ersten Konzertteil abschliessende finale„Questo giorno di tormenti“ des Gesamtensembles aus Figaros Hochzeit, überhäufte das Ensemble mit erneuten Applauskaskaden bevor man sich ins Foyer in die Pause begab um über das bis anhin gehörte angeregt zu diskutieren.
Amüsantes Verbalpingpong auf dem Diwan
Ein Diwan, der nach dem ersten Konzertteil vom Bühnenteam auf die Bühne gestellt wurde, war nicht das Zeichen, dass nach der Pause das von Daniel Barenboim 1999 mitbegründete West-Eastern Divan Orchestra die Bühne entern würde, sondern diente Regula Mühlemann und dem Präsidenten des Stiftungsrates des Stadttheaters Sursee ,Hans Ambühl, als Sitzunterlage für ihr Pausengespräch, welches dann, zum sichtlichen Vergnügen der Zuhörer, aber auch der beiden auf der Bühne selbst, höchst amüsant und unterhaltend verlief. Jetzt erfuhren wir auch, wie die gefeierte Sopranistin mit der Surseer Bühne verbunden ist. Ihre Grossmutter Marlies Bucher, auch Sopranistin, war ein gefeierter lokaler Bühnenstar der Sorser Operettenbühne. So spielte sie u.a. bei der „Vogelhändler“ Inszenierung im Jahre 1946 die Kurfürstin und 1947 in „Der fidele Bauer“. Marlies Bucher als Annamirl, während ihr späterer Ehemann und folglich Grossvater von Regula Mühlemann, Franz Schacher, den Vinzenz gab. Und was sich, natürlich nach Wirrungen, damals auf der Bühne zusammenfand, tat es auch im realen Leben.
Zurück zum Gespräch: Die beiden auf der Bühne warfen sich die Stichwörter und Pointen nur so zu, ein wahrhaftiges verbales Pingpongspiel auf hohem Niveau von grösstem Unterhaltungswert, trotzdem auch informativ. Beste Showtime auch in der Pause, was will man mehr!
Sehr Anspruchsvolles war auch im zweiten Konzertteil programmiert
Den Auftakt machte Regula Mühlemann mit „Als geblüht der Kirschbaum“ aus Carl Zellers „Vogelhändler“, also genau die Arie der Annemirl, die ihre Grossmutter vor 72 Jahren an gleichem Ort und Stelle gesungen hatte. Da kam nicht nur bei den Sorser Operettenurgesteinen Wehmut auf, auch andere haben manch Tränchen aus den Augenwinkeln gewischt, aber schlussendlich dann doch heftigst geklatscht. Das alles aber war beim darauf folgenden Auftritt eines wahren Operettenprinzen nur noch Makulatur.
Dann flog die „Fledermaus wieder auf der Bühne“
Die Surseer Operettengrössen übernahmen jetzt wieder den Lead, mit auch uns bekannten Melodien aus der Operetten Saison 2017. Also baten Serafin Heusser und Alexandre Beuchat „Kommt mit mir zum Souper“, während sich Olivia Allemann, Serafin Heusser und Regula Mühlemann danach beklagten: „So muss allein ich bleiben“, bevor ein Herr mit sehr hoher Stimme deklamieren würde: „Ich lade gern mir Gäste ein“.
Stefan Wieland in seiner Paraderolle als Prinz Orlofsky
Es scheint, als habe der Countertenor aus Luzern, mit der Rolle des Prinzen Orlofsky aus der „Fledermaus“, die er 2017 in der Surseer Operette innehatte, so etwas wie seine Paraderolle gefunden. Der quirlige Sänger schlüpft mit einer gehörigen Portion Schalk, Witz und Einfühlungsvermögen in diese eigentliche „Hosenrolle“, die er mindestens so gut, wie eine ursprünglich von Strauss dafür vorgesehene Altistin, interpretiert, mit seiner einzigartigen Stimme, die auch an der Hochschule Luzern geschult wurde. Jedes Mal, wenn er nur schon die Szene betritt, freut man sich auf ein paar aussergewöhnliche Minuten, für die er aber auch immer einen wahren Applaussturm ernten darf, was ihm wiederum stets ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert.
Regula Mühlemann als Unschuld vom Lande
Natürlich ist sie das nicht, sondern spielte und sang sie nur zu ihrem finalen Solo durch die Johann Strauss Melodie, die vor dem grossen Finale noch das Programmheft zierte. Diese Aufgabe löste sie natürlich glänzend, mit einer Lockerheit und Sicherheit, die man sonst von ihr gewohnt ist. Routiniert, deswegen aber nicht minder engagiert erlebten wir so „unseren“, fast ein bisschen hausgemachten Weltstar, der nach dem äusserst gelungenen Debut an der „Scala“, nun auch dasselbe an der „Scaletta“ absolviert hat.
Auch das Champagnerfinale fehlte nicht
Dann erfasste uns noch das berauschende Finale, wir befanden uns mitten „Im Feuerstrom der Reben“. Das Schlussbouquet, wieder dargebracht vom Gesamtensemble, versetzte das begeisterte Auditorium definitiv in Champagnerlaune, die sich schlussendlich von stürmischem Applaus, gewürzt mit Bravorufen, zu einer nicht enden wollenden stehenden Ovation entwickelte. Äusserst bewundernswert auch die Leistung von Isabelle Ruf mit ihrem Orchester, das ja nicht annähernd die personelle Grösse eines Opernorchesters hat, sondern eher die eines Kammerorchesters.
Umso erstaunlicher, dass der tonale Teppich trotzdem genügend dicht ausgelegt war, auf dem die Sänger ihre Können demonstrieren konnten. Ich gestehe, ehrlich erstaunt gewesen zu sein, dass trotz überschaubarer Grösse des Surseer Hausorchesters, Abstriche nur in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht hingenommen werden mussten, so denn Quantität überhaupt ein Kriterium gewesen sein sollte an einem überaus und in jeder Hinsicht gelungenen Abend, für den das Wort Weltklasse zurecht auf der Affiche stand. Gerne wieder einmal!
Ehrung für Regula Mühlemanns Gesangslehrerin und Mentorin Barbara Locher
Geehrt, laudatiert von Alois Koch musikalischer Experte, Professor und ehemaliger Rektor der Musikhochschule Luzern und Beirat Stadttheater Sursee, wurde am Schluss auch noch Mühlemanns Gesangslehrerin und Mentorin Prof. Barbara Locher von der Hochschule Musik Luzern.
Dazu wurde die Geehrte auf die Bühne gebeten und gleichzeitig wurde verraten, dass sie ab sofort die Position als Beirätin am Stadttheater Sursee in Nachfolge ihres Laudators übernimmt.
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: Roberto Conciatori
Junge Weltklasse in Sursee, Szenefotos von Roberto Conciatori in Diashowform:/http://fotogalerien.wordpress.com/2019/06/15/stadttheater-sursee-junge-weltklasse-in-sursee-regula-muehlemann-and-friends-ein-musikalisches-rendez-vous-14-juni-2019-besucht-von-leonard-wuest/
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