Bern (ots) – Moderne Fahrzeuge sammeln und speichern viele Daten, die teilweise auch direkt an die Hersteller übermittelt werden. Sie dienen der Ferndiagnose, der Fehlerbehebung und der Unfallforschung, einige lassen aber auch Rückschlüsse auf den Fahrstil des Lenkers und das Bewegungsprofil des Fahrzeugs zu. Der TCS erachtet die heutige Praxis als problematisch und fordert von den Herstellern mehr Transparenz und Mitbestimmungsrechte für die Fahrzeugbesitzer.
GPS, Internet, Bordcomputer sowie zahlreiche Sensoren und Kameras erhöhen im Auto den Komfort, verbessern die Sicherheit und das Handling – und eignen sich dazu, das Auto und den Fahrer permanent zu überwachen. Vielen Autofahrern ist kaum bewusst, dass mit dem Daten-Generator Auto heimlich der Server des Herstellers gefüttert werden könnte – auch mit persönlichen Einsatzprofilen und Gewohnheiten. Eine Datenübertragung findet oftmals nicht nur dann statt, wenn das Fahrzeug in der Garage gewartet wird und mit dem Diagnosegerät verbunden ist, sondern je nach Automodell kontinuierlich via Mobilfunk.
Der Test
Um sich ein Bild davon zu verschaffen, welche Datenmengen und welche Art von Informationen in modernen Fahrzeugen gesammelt werden, untersuchte der der TCS zusammen mit der FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) die Steuergeräte folgender exemplarisch ausgewählten Fahrzeuge: BMW 320d, BMW i3, Mercedes-Benz B-Klasse und Renault Zoe. Die schiere Datenflut überraschte, obschon bei der Untersuchung jeweils nur ein kleiner Teil aller tatsächlich gesammelten und gespeicherten Daten ans Licht kam. Viele der erhobenen Daten sind technischer Natur und dienen der Verbesserung der Sicherheit und der Diagnosestellung. Dazu zählen etwa die in den Steuergeräten aufgezeichneten Fehler verschiedenster Komponenten. Wie vermutet speichern alle vier Autos jedoch auch viele sogenannte „Nutzerdaten“ sensibles Datenmaterial, welches dazu geeignet ist, den Fahrstil des Lenkers und das Bewegungs- und Nutzungsprofil des Fahrzeugs zu erstellen. Warum sonst zeichnet zum Beispiel der BMW 320d die Maximaldrehzahl des Motors mit dem jeweiligen Kilometerstand auf? Oder die Dauer der Fahrt in den jeweiligen Modi der des Automatikgetriebes? Oder der BMW i3 die letzten 100 Abstellpositionen des Fahrzeugs? Vergleichen lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse allerdings nicht, weil der Untersuchungumfang bei den vier Autos nicht identisch war.
Die Ergebnisse des kompletten Tests finden sie unter www.test.tcs.ch
Geschäfte aller Art
Diese „Nutzerdaten“ können in bare Münze umgewandelt werden – nicht immer zum Vorteil des Fahrzeughalters. So können zum Beispiel Leasinggesellschaften oder Versicherungen aufgrund präzise aufgezeichneter Gas- und Bremspedalstellungen nach Unfällen Leistungen kürzen. Oder: Wer (zu) oft mit hoher Motordrehzahl unterwegs ist, oder oft stark bremst, könnte bald als Risikofahrer eingestuft werden, was höhere Prämien nach sich zieht – oder bei einem Schaden die Garantieleistungen mindert. Zudem können Hersteller „ihre“ Autos zur Wartung in ihre Vertragswerkstätten lenken. Moderne Fahrzeuge sammeln, speichern und versenden teilweise mehr Daten, als es vielen Nutzern lieb ist. Aktuell hat faktisch nur der Autohersteller Kenntnis und Zugriff auf die Daten. Der Autobesitzer hat kaum Einfluss und Möglichkeiten. Er muss beim Kauf des Fahrzeugs mit dem Vertrag oft auch entsprechende Klauseln unterzeichnen.
Fazit und Forderungen
Um das Vertrauen der Klientel nicht zu strapazieren, sollten die Autohersteller auf mehr Transparenz setzen. Der TCS fordert einen freien Zugang, Datensicherheit und eine Datenhoheit, die beim Autobesitzer liegt.
Autohersteller müssen die erhobenen, gespeicherten und
übermittelten Daten transparent auflisten und öffentlich
darstellen.
– Autokäufer müssen diese Daten-Listen mit vertretbarem Aufwand
einsehen können.
– Die Daten-Liste muss bei der Lancierung neuer Modelle von
neutraler Stelle bezüglich Einhaltung der
Datenschutz-Bestimmungen überprüft werden.
– Stichprobenartig ist zu prüfen, ob der Autohersteller
vollständige Daten-Listen vorlegt.
– Fahrzeugbesitzer, freie Garagen und Pannenhelfer müssen freien
Lese-Zugang zu allen Daten im Auto haben. Schreibvorgänge müssen
geeignet abgesichert werden.
– Der Autohersteller muss zu zeitgemässer Datensicherheit
verpflichtet werden.
– Bis auf die gesetzlich vorgeschriebene Daten-Verwendung (zum
Beispiel Abgaskontrolle oder eCall) muss der Fahrzeugbesitzer
die Datenverarbeitung und -weiterleitung auf einfache Art
deaktivieren können, sofern diese nicht zwingend für den Betrieb
notwendig ist. Dabei darf die Qualität der zu erwartenden
Dienstleistungen nicht beeinträchtigt werden. [content_block id=29782 slug=ena-banner]