Bern (ots) – Im aktuellen Kindersitztest wurden 27 Kindersitze aus allen Gewichtsklassen untersucht. Ein Drittel der Testprodukte ist nicht oder nur bedingt empfehlenswert. 18 Modelle erhielten das Gesamturteil „empfehlenswert“ oder besser.
Sämtliche Kindersitze wurden bezüglich Sicherheit, Bedienung, Ergonomie, Schadstoffgehalt sowie Reinigung und Verarbeitung geprüft und bewertet. Die mindestens als „empfehlenswert“ eingestuften Produkte übertreffen die gesetzlichen Vorschriften deutlich; die Anforderungen des Verbraucherschutztests wurden bei ihrer Entwicklung berücksichtigt.
Hoher Schadstoffanteil
Sieben Modelle erhielten das Gesamturteil „nicht empfehlenswert“. Ein Produkt fiel beim Frontal-Crashtest durch, die sechs anderen Sitze wurden aufgrund des hohen Schadstoffanteils so beurteilt. Diese Sitze enthalten grössere Mengen an verschiedenen PAK, also polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, welche in Insektiziden, Stabilisatoren Weichmachern und anderen Substanzen vorkommen können. Deutlich weniger Schadstoffe finden sich bei den Produkten von renommierten Sitzherstellern.
Testverfahren
2015 wurden die Testverfahren überarbeitet und die Anforderungen erhöht. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick: – Die Frontalaufprallversuche wurden in einer Golf VII-Karosserie durchgeführt, dabei kamen neue Crashtestdummies und neue Abdominalsensoren zum Einsatz. – Für die Seitenaufprallversuche kam ein neuer Versuchsaufbau mit einer eindringenden Türe zum Einsatz. – Die Prüfungen der Handhabung und der Ergonomie wurden weiterentwickelt. – Bei der Schadstoffprüfung wurden die aktualisierten Normen für Spielzeuge und Textilien berücksichtigt. Auch die Auswertung und die Notenberechnung wurden angepasst, so führen schlechte Bewertungen in wichtigen Kriterien zu einer graduellen Abwertung der Gesamtnote.
Kategorien und Bewertungen
Die Sicherheit bei einer Kollision wurde mit Frontal- und Seitenaufpralltests in allen Konfigurationen der Kindersitze untersucht. Bedienung und Ergonomie wurden ebenfalls genau unter die Lupe genommen. Dabei wurde vor allem untersucht, wie benutzerfreundlich ein Sitz eingebaut werden kann und wie das Kind darin untergebracht ist. Auch werden mögliche Fehlmanipulationen mitberücksichtigt.
Das Gesamturteil wird aus den Noten für die Testkategorien Sicherheit, Bedienung und Ergonomie sowie Schadstoffprüfung ermittelt. Sicherheit sowie Bedienung und Ergonomie werden mit je 50% gewichtet, während die Schadstoffe mit 0% gewichtet werden und das Gesamturteil nur mittels folgenden Abwertungseffekten beeinflussen:
- Ist die Bewertung der Sicherheit oder der Bedienung/Ergonomie schlechter als 60%, führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils. - Ist die Bewertung des Schadstoffgehalts schlechter als 40%, führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils. - Eine Bewertung der Sicherheit, der Bedienung/Ergonomie oder des Schadstoffgehalts unter 20% schlägt direkt auf das Gesamturteil durch.
Neue Richtlinie für die Zulassung von Kindersitzen
Der Gesetzgeber überarbeitet die Zulassungsvorschrift für Kindersitze. Die erste Phase der neuen Richtlinie wurde bereits von der UN-ECE verabschiedet und gilt seit Anfang 2014 auch in der Schweiz. Die neue Richtlinie wird während mehrerer Jahre Übergangszeit parallel zur bisherigen Norm ECE R44 bestehen. Die wesentlichen Neuerungen sind:
- Die Produkte müssen einen Seitenaufpralltest bestehen, um eine Zulassung zu erhalten. Damit wird eine langjährige Forderung des TCS umgesetzt, denn ein solcher ist bereits seit über 10 Jahren Teil des TCS-Tests. - Der Kindersitz muss nicht mehr aufgrund des Gewichts des Kindes ausgewählt werden, sondern aufgrund der Körpergröße des Kindes. Dabei kann der Hersteller selbst festlegen, für welchen Größenbereich sein Sitz geeignet ist, z. B. von 40 cm bis 100 cm Körpergröße. Die Einteilung der Sitze in Klassen entfällt. - Alle Kinder bis 15 Monate müssen gegen die Fahrtrichtung transportiert werden. Das gilt nur für Kindersitze, die nach der neuen Richtlinie zugelassen sind, nicht für Produkte mit ECE-R 44-Zulassung. Auch bei herkömmlichen Babyschalen ist eine längere Verwendung möglich. Da Kinder aber häufig bereits mit 9kg in einen grösseren, vorwärts gerichteten Sitz wechseln, kommt dies einer Einbusse bei der Sicherheit gleich. Der TCS empfiehlt daher Kinder so lange wie möglich rückwärts zu transportieren, d.h. bis der Kopf aus der Schale kommt, resp. 13kg erreicht sind.
Bis auf weiteres wird die bestehende Norm ECE R44 ihre Gültigkeit behalten. Sie darf parallel zur neuen Richtlinie weiterverwendet werden, somit sind die aktuellen Kindersitze noch während mehrerer Jahre kauf- und einsetzbar.
Weitere Informationen
Schadstoffprüfung
Die Schadstoffprüfung wurde durch die „Stiftung Warentest“ in Auftrag gegeben. Untersucht wurden die Sitze auf den Gehalt von PAK’s, Phthalaten, Flammschutzmitteln, phenolischen Verbindungen, Organozinn, AZO-Farbstoffen, Formaldehyd und Schwermetallen. Dabei wurden alle Teile des Sitzes untersucht, mit denen ein Kind in Berührung kommt. Die Prüfung und Bewertung erfolgt dabei anhand des Dokuments ZEK 01.2-08 (u. a. Bestandteil der GS-Prüfung), der Richtlinie 1907/2006/EG („REACH“), der EN-71 („Spielzeugrichtlinie“) und dem Standard Ökotex 100.
Ratgeber „Auto-Kindersitze 2015“
Weitere Informationen über Kinder-Insassensicherheit, Kauftipps und der aktuelle TCS-Kindersitztest sind im neusten Ratgeber „Auto-Kindersitze 2015“ zusammengefasst. Beim Kindersitzeinbau helfen auch Einbauvideos, die direkt über einen Pixel-Code in der Broschüre oder auf der Homepage abgerufen werden können. Der Ratgeber ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit des TCS und der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). Der Ratgeber kann ab dem 26.05.15 unter www.kindersitze.tcs.ch bestellt werden oder ist bei der bfu in Bern erhältlich. Der Ratgeber ist kostenlos.
Vorschriften bei der Kindersicherheit
Seit rund drei Jahren müssen Kinder bis 12 Jahre oder 150 cm (was zuerst eintrifft) in einem entsprechenden Kindersitz gesichert sein. Bei einem gebrauchten Kindersitz muss darauf geachtet werden, dass er nicht zu alt ist (vor 1995). Dies lässt sich am besten an der orangefarbigen Etikette am Kindersitz erkennen. Auf dieser muss die Prüfnummer mit den Anfangsziffern 03 oder 04 stehen. Mehr Informationen sind im neunsprachigen Flyer „Kinder im Auto“ enthalten, der unter www.ratgeber.tcs.ch bestellt werden kann.[content_block id=29782 slug=ena-banner]