Produktion und Besetzung:
Choreographie Erna Ómarsdóttir Halla Ólafsdóttir
Bühne Chrisander Brun
Kostüme Hanna Kisch
Musik Valdimar Jóhannsson Sergej Prokofjew
Komposition Valdimar Jóhannsson
Lichtdesign Chrisander Brun
Tänzer*innen:
Feiza Bessard Eva Blunno Lydia Caruso
Yaëlle Chassin Dayne Florence Marina Sánchez Garrigós
Karat Kila Carlos Kerr Jr. David Lagerqvist
Dario Minoia Stefanie Pechtl Jan Chris Pollert
Anthony Ramiandrisoa Reika Shirasaka Ekaterina Shushakova
Tana Rosás Suñé Giulia Torri Thalia Tulkens Sophie Flannery
Prune Vergères Jin Young Won Cheng-An Wu Max Zachrisson
Gesang Sofia Jernberg Emily Adomah
Seit letztem Samstag kann man am Theater Basel ‚Julia & Romeo‘ sehen‘, ein Tanzspektakel frei nach Shakespeare (und Sergej Prokofjew), das sicher auch als trasgressiv-progressiv definiert werden kann. Was diese Saison betrifft, handelt es sich um die erste Premiere des Ballett Basel auf der grossen Bühne. Die vielfach preisgekrönten Isländerinnen Erna Ómarsdóttir und Halla Ólafsdóttir signieren diese sehr unkonventionelle Choreographie.
Eine völlig neue künstlerische Umsetzung
Die Choreographie heisst eigentlich nicht ‚Romeo & Julia‘ sondern ‚Julia & Romeo‘, denn es ist hier nicht mehr wichtig zu wissen, wer Frau und wer Mann, was weiblich und was männlich ist. Erna Ómarsdóttir und Halla Ólafsdóttir nutzen die musikalische Vorlage vom berühmten Sergej Prokofjews Handlungsballett, um ein völlig neues, radikales, experimentelles Tanzspektakel in zwei Akten zu kreieren. Ohne Handlung und, besonders, ohne feste Rollen, denn jeder Tänzer verkörpert immer wieder einen anderen Charakter oder eine andere Situation: eine menschliche Figur, das Blut, die Gewalt, die Konflikte, die gegenseitige Anziehung und Repulsion, die unerwiderte Liebe, etc.. Was alles sehr interessant, aber auch chaotisch, konfus macht, und für uns Zuschauer, trotz der langen Vorstellungsrunde der Tänzer, schwierig zu verstehen. Schon der Anfang ist provokativ, mit den Tänzerinnen und Tänzern, die murmelnd und langsam (viel zu langsam) vom Parkett auf die Bühne ihren Weg suchen. Wer glaubt, Liebe und Zärtlichkeit, also eine sentimentale, romantische Geschichte, die berühmteste romantische Geschichte aller Zeiten, zu sehen, wird schnell enttäuscht. Es gibt hier keine Tutus, kein Ballet Blanc, keine rührenden Pas-de-Deux, sondern nur heftige, drastische Darstellungen von Unruhe, Gewalt, Lust, Orgien, Blut, Rebellion, Rage (die, klar, auch bei Shakespeare nicht fehlen), von Sex-Szenen und von Grausamkeiten aller Art.
Bühnenbild, Kostüme und Geräusche
Eigentlich besteht das Bühnenbild von Chrisander Brun praktisch nur aus den Figuren selbst, aus den Körpern, die eigentlich Objekte, Konsumobjekte sind. Von oben herab schwebt ein grosses Herz, und im Hintergrund ein grau-goldener Vorhang, der langsam auch alle Figuren bedeckt. Gegen Ende des Tanzspektakels zeigt ein Video (Vladimar Jóhannsson) Körperteile, Fleisch und Haut, und auch dies wirkt grausam und unendlich lang. Ein Festival des Hässlichen, könnte man sagen. Und die Kostüme von Hanna Kisch? Einige Krauskragen und Puffärmel lassen noch an Shakespeare denken, sonst nur eine enge fleischfarbene Bekleidung für alle.
Auch musikalisch sehr……interessant
Von Sergej Prokofjews Ballett gibt es musikalisch nur einige Auszüge ab Band, welche mit einer neuen Komposition von Vladimar Jóhannsson, einem vertrauten Landsmann der beiden Choreographinnen, und mit dem stimmlichen, experimentellen Gesang von Sofia Jernberg ergänzt werden. Dazu oft Geräusche und lautmalerische Rufe.
An der Première reagierte das Publikum überraschenderweise mit einem warmen Applaus und sogar mit Zurufen. Perplexe Gesichter hatte man eigentlich nur in der Pause gesehen. Am Ende waren alle überzeugt, dass ‚Julia & Romeo‘ vielleicht nicht das Handlungsballett von Prokofjew ist, jedoch sicher ein interessantes, gedankenanregendes Spektakel. Noch bis 22. Februar 2025 am Theater Basel
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos Ingo Hoehn theater-basel.ch/de
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