Trotz sinkender Einnahmen: Bergbahnen rüsten auf

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Nackter Fels statt verschneiter Berge: Der erste Schnee fiel in der Schweiz zwar schon im November, doch im Dezember war das Wetter dann viel zu mild. Bild: Nackter Fels statt verschneiter Berge: Der erste Schnee fiel in der Schweiz zwar schon im November, doch im Dezember war das Wetter dann viel zu mild. Bild: Keystone

Nackter Fels statt verschneiter Berge: Der erste Schnee fiel in der Schweiz zwar schon im November, doch im Dezember war das Wetter dann viel zu mild. Bild: Nackter Fels statt verschneiter Berge: Der erste Schnee fiel in der Schweiz zwar schon im November, doch im Dezember war das Wetter dann viel zu mild. Bild: Keystone

Nach einem missratenen Start in die Wintersaison haben die Schweizer Bergbahnunternehmen erneut mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Dennoch investieren sie Millionen – zunehmend finanziert durch die öffentliche Hand.

Die am Mittwoch publizierten Zahlen des Dachverbandes Seilbahnen Schweiz (SBS) lassen für die ganze Wintersportsaison nichts Gutes erahnen. Seit Beginn der Saison bis zum Jahresende sind die Umsätze der Schweizer Bergbahnen um über 11 Prozent eingebrochen. Dies, nachdem schon die Saison 2014/2015 schlecht gestartet war und letztlich auch schlecht geendet hatte.

Auffallend gross sind dabei die regionalen Unterschiede: In Graubünden gingen die Umsätze der Bergbahnen Graubünden (BBGR) über die Festtage um über 14 Prozent zurück, gegenüber dem 5-Jahres-Durchschnitt sogar um 21 Prozent, während die Anzahl der sogenannten Skier days (Ersteintritte der Gäste) um 14,3 Prozent sank. Das Wallis musste im Vergleich zum Vorjahr sogar einen Umsatzrückgang von 17,3 Prozent hinnehmen, die Freiburger und Waadtländer Alpen verbuchten 28,7 Prozent weniger Skier days und der Umsatz ging um 9,5 Prozent zurück. Das Berner Oberland meldete dagegen 22 Prozent mehr Ersteintritte und 0,2 Prozent mehr Umsatz.

Der vom SBS als «aussergewöhnlich schwierig» bewertete Saisonstart wird bis in den Frühling hinein kaum mehr aufzuholen sein, machen doch die Festtage zwischen Weihnachten und Neujahr gegen 25 Prozent des Gesamtumsatzes einer Wintersportsaison aus. Womit sich schon jetzt abzeichnet, dass die Bergbahnen erneut und seit der Spitzensaison 2008/2009 zum siebten Mal hintereinander mit Umsatz- und Gewinneinbrüchen rechnen müssen.

Millionen-Investitionen

Was die Unternehmen nicht daran hindert, Millionen in die Berge zu setzen. Laut ihrem Branchenverband investieren die Seilbahnen jährlich zwischen 350 und 500 Millionen Franken in Bahnanlagen, Maschinenpark, Gastbetriebe und Infrastrukturprojekte wie Schneekanonen. Allein die Bündner Bergbahnen investieren laut BBGR-Präsident Silvio Schmid jedes Jahr zwischen 80 und 100 Millionen Franken.

So haben sie in den letzten beiden Jahren neue Beschneiungsanlagen installiert. Mit heute total 931 Hektaren ist die künstlich beschneite Fläche heute zwölfmal grösser als zu Beginn des Kanoneneinsatzes im Jahr 1990. «Ohne Beschneiungsanlagen», glaubt Schmid, «wäre es im ganzen Alpenraum zu einem Desaster gekommen.»

Das hat seinen Preis: Jeder Kunstschneekilometer kostet, so die Faustregel, eine Million Franken, jeder Kubikmeter dann fünf Franken. Was die fixen Betriebskosten einer Bergbahn in einem grösseren Skigebiet auf rund 250 000 Franken pro Tag anwachsen lässt (siehe Grafik).

Zahlreiche neue Anlagen

Dazu kommt ein ungestillter Wunsch nach neuen, noch leistungsfähigeren Transportanlagen und noch grösseren Skigebieten. Die Jungfraubahnen wollen für rund 400 Millionen Franken einen neuen «Eigerexpress» bauen, um die Kapazitäten zu er­höhen. Die Skigebiete Arosa-Lenzerheide haben sich bereits spektakulär mit einer neuen Bergbahn verbunden. In Adelboden ist die neue Sesselbahn Bergläger-Höchsthorn in Betrieb, in Engelberg kann die neue 8er-Gondelbahn jetzt 2475 Personen pro Stunde auf den Stand befördern, in Laax bringt die neue Gondelbahn La Siola die Gäste in neun Minuten von der Talstation Alp Sogn Martin zur Bergstation.

Die Saas-Fee Bergbahnen AG plant für dieses Jahr eine neue Spielbodenbahn, welche die Kapazität von 800 auf 2000 Personen pro Stunde erhöhen wird, inklusive einer Talstation als «Freestyle & Cross Campus» für total 40 Millionen Franken. Oder die Toggenburg Bergbahnen AG: Die haben nicht nur die Chäserrugg-Bahn erneuert, sondern gleich noch mit einem spektakulären Bergrestaurant der Stararchitekten Herzog & de Meuron verschönert – auch das eine Investition von 40 Millionen Franken.

Mäzene mischen mit

Hinter dem Chäserrugg steht als Kapitalgeber der Privatbankier Matthias Eppenberger. Das Mäzenatentum bringt tatsächlich eine neue Dimension in die Bergwelt ein: Eine Investorengruppe um den Milliardär Ernesto Bertarelli sorgt sich um das Überleben der Bergbahnen im Saanenland, Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz um die Bergbahnen in Brigels. Seit längerem bekannt ist der ägyptische Investor Samih Sawiris, der für 200 Millionen Franken zwischen Andermatt und Sedrun das grösste Skigebiet der Zentralschweiz aus dem Boden stampfen will. Allerdings erhält Sawiris auch Unterstützung von der öffentlichen Hand: Der Kanton Uri bezahlt 5, Graubünden 3 und der Bund ein Darlehen von 82 Millionen aus der Staatskasse.

Das Beispiel Andermatt deutet auf einen neuen Trend hin: Mangels eigener Mittel müssen sich die Bergbahnunternehmen zunehmend in den Staatskassen bedienen, um ihre Investitionen zu finanzieren. Nur noch etwa ein Drittel der Bergbahnunternehmen dürfte die anstehenden Ersatzinvestitionen aus eigener Kraft finanzieren können, hält Professor Philipp Lütolf von der Hochschule Luzern in einer Studie fest. Der Branchenverband SBS kommt zu einem ähnlichen Schluss: Ein Drittel der Unternehmen könnte, so SBS-Sprecher Andreas Keller, ohne Engagement von Gemeinden und Kantonen gar nicht überleben.

Eine Milliarde im Wallis

Und dieses Engagement kann beträchtliche Dimensionen annehmen. Die Walliser Bergbahnen haben in einer Studie einen Investitionsbedarf von 1 Milliarde Franken errechnet. Darin enthalten wäre der Ersatz der über hundert veralteten Anlagen für 660 Millionen Franken und eine Verdoppelung des Anteils beschneiter Pisten von heute 30 auf 60 Prozent für weitere 400 Millionen Franken. Finanziert würde dies alles hauptsächlich mit Beiträgen und Darlehen aus der Kantons- und Bundeskasse. Der entsprechende Finanzierungsplan ist derzeit in der Vernehmlassung, im Mai soll er vor das Walliser Kantonsparlament kommen.

Bis im Frühling wird dann klar erkennbar sein, wie heikel weitere Millioneninvestitionen in Bergbahnunternehmen sind, die nach wie vor auf die Wintersportsaison setzen. (Berner Zeitung)

Quelle: Xing

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