Die Kantonsregierungen von Uri und Tessin haben einen zukunftsweisenden Entscheid zum künftigen Betrieb des Kraftwerks Lucendro getroffen. Das Kraftwerk in der Gotthardregion nutzt die Wasserkraft der Gotthardreuss und des Ticino. Folgende Grundsätze wurden für das künftige Partnerwerk zwischen den beiden Kantonen vereinbart: Beide Kantone sind mit je 50 Prozent – also gleichberechtigt – am Werk beteiligt. Uri hat sich dafür ein höheres Energiebezugsrecht gesichert. Der technische Betrieb und der Unterhalt der Anlage werden vom Kanton Tessin vorgenommen. Die kaufmännische Geschäftsführung liegt beim Kanton Uri.
Die Vereinbarung wurde heute Freitag, 1. November 2024, in Airolo im Beisein des Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), Bundesrat Albert Rösti, abgeschlossen. Dies ist ein entscheidender Schritt in der gemeinsamen Bewirtschaftung der interkantonalen Gewässer des Gotthards und steht in Einklang mit der Energiepolitik der beiden Kantone und mit den Zielen der Energiestrategie 2050 des Bundes. Der Kanton Uri wurde vertreten durch Landammann Christian Arnold und Baudirektor Hermann Epp. Im Namen des Staatsrats des Kantons Tessin waren Staatsratspräsident Christian Vitta und Vizepräsident Norman Gobbi anwesend, begleitet vom Direktor der Azienda Elettrica Ticinese (AET), Roberto Pronini. Die Konzession wird über 60 Jahre laufen.
Beteiligung zu je 50 Prozent, mehr Energie für Uri
Die Vereinbarung konnte wenige Wochen vor Ablauf der geltenden Konzessionen abgeschlossen werden. Sie ist das Ergebnis von Verhandlungen, die 2013 mit dem Entscheid der beiden Kantone begonnen wurden, die Konzession für die Nutzung des Kraftwerkswassers an Alpiq Hydro Ticino SA nicht zu verlängern. Die Kantone machten dannzumal den Heimfall geltend. Im Jahr 2022 wurde das UVEK beigezogen, um die Verhandlungen zwischen Uri und Tessin zu begleiten. Dank dieser Mediation gelang es, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, die die Zeit bis zu einer gerichtlichen Lösung zwangsläufig verlängert hätten.
Die erzielte Einigung, die auch von UVEK-Vorsteher Bundesrat Albert Rösti begrüsst wird, sieht vor, dass die beiden Kantone die Nutzung der interkantonalen Gewässer der Reuss und des Ticino in der Gotthardregion zu gleichen Teilen (50% – 50%) einer Gesellschaft mit Sitz in Airolo gewähren, die den Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen der Lucendro AG sicherstellt. Die Vereinbarung ermöglicht es, die Wasserkraftproduktion im Winter zu optimieren. Dies ist im Interesse der Energieversorgung der ganzen Schweiz.
Das Abkommen bietet beiden Kantonen Vorteile. Uri kann von einem Mehrheitsanteil an der Stromproduktion des KW Lucendro profitieren. Der Kanton Uri kann zudem die kaufmännische Buchführung übernehmen, damit die nötige Transparenz gewährleistet ist. Die AET wird nach wie vor die technische Führung der Produktion und den Unterhalt der Anlagen sichern. Das Tessiner Energieunternehmen betreibt die weiteren Leventina-Anlagen stromabwärts von Airolo. Dank dieser Arbeitsteilung wird es künftig möglich sein, die Wasserkraftproduktion auf der gesamten Leventina-Kette zu optimieren.
Die technischen und rechtlichen Details des Abkommens werden nun von den beiden Kantonen finalisiert, bevor sie den jeweiligen Parlamenten vorgelegt werden. Ab dem 1. Januar 2025 bis zum Inkrafttreten der neuen Lösung wird der provisorische Betrieb der Anlage durch die bisherige Lucendro AG (gestützt auf einen provisorischen Entscheid des UVEK) gewährleistet.
Bundesrat Albert Rösti hält nach der Sitzung in Airolo fest, dass er bei beiden Kantonen eine Zufriedenheit spüre. «Es ist ein wichtiger Schritt für die Wasserkraft und die Schweiz», so der Bundesrat. Der Urner Landammann Christian Arnold ist erfreut: «Uri und Tessin haben intensiv verhandelt und eine gute Lösung gefunden. Die Vermittlung durch das UVEK und Bundesrat Albert Rösti haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Uri und Tessin tragen gemeinsam dazu bei, dass die Versorgung mit Winterstrom für die Schweiz verbessert werden kann.» Dem stimmt Christian Vitta, Staatsratspräsident Kanton Tessin, zu: «Wir sind zufrieden mit der Lösung. Beide Kantone haben Vorteile, ohne Risiko eines längeren rechtlichen Verfahrens.»