Von allen guten Geistern verlassen Leitartikel von Jochim Stoltenberg über die Selbstmontage der Liberalen vor dem Dreikönigstreffen

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Berlin (ots) – Die FDP ist von allen guten Geistern verlassen. Sie führt gerade vor, wie eine traditionsreiche und um das Land verdiente Partei dabei ist, sich auf den politischen Selbstmord einzulassen. Nach einhelliger Erkenntnis aller Meinungsforscher im Lande ist die Geschlossenheit einer Partei die wichtigste Voraussetzung, um bei Wählern zu punkten. Obwohl die Liberalen das schon seit Monaten nicht schaffen und unter die „tödliche Fünf-Prozent-Hürde“ gestürzt sind, wollen sie nicht begreifen, dass untergeht, wer streitet, wer seinen Vorsitzenden gar absichtlich demontiert. Wenn die Liberalen das zwei Wochen vor einer auch bundespolitisch entscheidenden Landtagswahl (mögliche absolute Mehrheit für Rot-Grün im Bundesrat) und acht Monate vor der Bundestagswahl nicht hören wollen, dann betreiben sie Harakiri.

Natürlich ist Philipp Rösler für die FDP zur traurigen, ja tragischen Gestalt geworden. Vor zwei Jahren haben sie ihn alle in großer Not gewählt, als es galt, den entrückten Guido Westerwelle abzuservieren: Aber wirklich unterstützt, ihn und die Partei mit liberalen Inhalten aus voller Überzeugung wieder zu einem ernst zu nehmenden Partner in der bürgerlichen Koalition zu machen – das haben die Kubickis, Niebels und Brüderles nie getan. Weil sie mehr an sich als an die Partei gedacht, weil sie eigene Ziele und Karrieresprünge im Kopf haben. Und so eine Partei will gewählt werden? So eine Partei soll von einem vergleichsweise unerfahrenen Parteichef erfolgreich geführt werden? Da sind schon andere als das Leichtgewicht Rösler gescheitert. Nur hat die FDP nicht so viel Speck am Leib, dass sie sich in Zeiten wie diesen eine weitere krachende Niederlage leisten kann. Oder wünschen sich manche Möchtegern Oberliberale am 20.Januar in Niedersachsen gar die nächste Pleite, um Rösler vermeintlich „sauber“ loszuwerden? Weil er nicht hielt, was man sich von ihm versprochen hat. Vor allem, weil dann eigene Ambitionen endlich durchsetzbarer erscheinen.

Und was, wenn Rösler seine letzte Chance tatsächlich verspielt? Dann säuft die FDP weiter ab. Aber Wiederauftauchen bis zur Bundestagswahl, wie es sich Kubicki, Niebel oder Brüderle für ihr eigenes Ego schönreden? Das ist ein gefährliches Spiel, denn die Fünf-Prozent-Hürde wird ja nicht niedriger, wenn Rösler weg ist. Und die Partei wird nicht zwangsläufig wieder ernster genommen, wenn einer der Intriganten in Nord und Süd das Kommando übernimmt.

Bleiben der FDP die Türen zum Bundestag erstmals versperrt – dafür tut die Partei derzeit sehr viel -, erhört sie kaum noch einer. Und denen, die sich etwas Besseres dünkten, bleibt die Provinz als Bühne. Vor diesem Hintergrund treffen sich die Liberalen am Sonntag zum Dreikönigstreffen. Was immer die Protagonisten dort hinausposaunen – der Heilige Geist wird nicht mehr über sie kommen. Leider. Denn eigentlich ist eine richtige liberale Partei in einem Staat, der seine Bürger immer mehr gängelt, unentbehrlich.

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Über Leonard Wüst

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