Besetzung: Charles Lloyd, Saxophones – Jason Moran, Piano
Rezension:
Charles Lloyd (*15. März 1938 in Memphis, Tennessee), der Mystiker des Jazz und der bekannteste Jazzsaxophonist neben Branford Marsalis, scheint sich in der Schweiz sehr wohl zu fühlen, kehrt er doch fast jährlich wieder. Pianist Jason Moran eröffnete das Set mit subtilen Klavierläufen, während Charles Lloyd entspannt sitzend, sich auf seinen Einsatz vorbereitete, vor ihm aufgereiht seine diversen Saxophone. Ob er die Töne mit dem Tenorsaxophon akzentuiert modelliert oder mit dem Alto sanft flüsternd streichelt, immer ist es dieser unverkennbare, einmalige Ansatz, der ihn zur Legende des Jazz gemacht hat und immer noch macht. Mit dem Pianisten Jason Moran stand ihm ein kongenialer, ebenbürtiger Partner zur Seite, der seinerseits, sich in sein Instrument förmlich hineinwühlend, starke Klangmomente auf die Bühne setzte, was dem deutlich älteren Lloyd sichtlich Vergnügen bereitete und ein sanftes Lächeln ins Gesicht zauberte. Die beiden spornten sich gegenseitig an, mal mit feingesponnenen lyrisch-poetischen Phrasen, mal auch wieder in peppig aufpeitschenden Passagen.
Des Öftern überliess Lloyd die Bühne ganz dem Tastenvirtuosen, der diesen Freiraum für sein eindrückliches Solo voller Spielfreude und Inspiration weidlich nutzte. Manchmal hatte man das Gefühl, dass sich Lloyd fast entschuldigend mit seinem Saxophon wieder ins Spiel einfügte, so, als wolle er den grandiosen Melodienzauber von Jason Moran keinesfalls stören. Das tat er natürlich überhaupt nicht, demonstrierte aber die Demut des Meisters vor solch grosser Kunst und bezeugte gleichzeitig die Achtung, die er seinem Bühnenpartner zollte. Besonders eindrucksvoll, dass er nie den Pianisten überspielte, sondern diesem den gleichen Spielraum, die gleichen Freiheiten einräumte, die er auch für sich in Anspruch nahm, was von grösstem Respekt zeugte. Die beiden Protagonisten bewegten sich auf höchstem musikalischem Niveau, spielten sich in andere Dimensionen, beeindruckten das Publikum mit ihrer totalen Präsenz, ohne laut oder schreierisch zu werden. Im Verlaufe dieser Phase setzte sich Lloyd neben Moran auf einen Klavierschemel, sie improvisierten vierhändig und Lloyd philosophierte dazu mit seiner sonoren, prägnanten Stimme, das Auditorium in nachdenklich-ehrfürchtige Stimmung versetzend. Darauf folgte wieder ein Teil mit schnelleren, rhythmischen Sequenzen, sich gar an den Swing annähernd, die das Publikum mitrissen. Das Auditorium feierte die beiden Ausnahmekönner mit stürmischem, langanhaltendem Applaus. Diese zeigten sich dafür noch mit ein paar Zugaben erkenntlich. Charles Lloyd, auch mit 78 Jahren noch modern, hellwach, neugierig und zeitlos inspirierend frisch.
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Wikipedia und www.allblues.ch
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