Wenn sich Licht und Bewegung verbinden

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logo-schweizerischer-nationalfonds-fonds-national-suisseBern (ots) – Der Physiker Tobias Kippenberg misst und manipuliert kleine, aber mit blossem Auge noch sichtbare Oszillatoren, deren optische und mechanische Eigenschaften den Gesetzen der Quantenphysik folgen. Für seine innovative Forschungsarbeit wird der Wissenschaftler mit dem Nationalen Latsis-Preis 2014 ausgezeichnet.

Die Gesetze der Quantenphysik sind in der Regel auf mikroskopisch kleine Massstäbe wie z. B. Elementarteilchen oder Atome, anwendbar. Tobias Kippenberg, Professor am Laboratory of Photonics and Quantum Measurements der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), versucht, diese Teilchen anhand von makroskopischen „mechanischen Resonatoren“, die aus Milliarden von Atomen bestehen, aufzuzeigen, zu steuern und zu erforschen. Für diese Grundlagenforschung im Bereich der Resonator Quanten-Optomechanik erhält der 38-jährige Physiker nun den Nationalen Latsis-Preis 2014.

Nach dem Studium an der Universität Aachen, gefolgt von einem Master-Studium, der Promotion und einem Postdoktorat am Caltech in Pasadena/Kalifornien leitete Tobias Kippenberg mehrere Jahre eine selbstständige Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Deutschland, wo er mit dem Nobel-preisträger Theodor Hänsch zusammenarbeitete. 2008 wechselte er an die EPFL, an der er im Jahr 2013 zum ordentlichen Professor berufen wurde.

Winzige Strukturen

Zurzeit erforscht er nanoskalige Oszillatoren aus Glas in Form eines Velorads mit einem Durchmesser von 24 Mikrometern (halb so dick wie ein Haar). Im torischen Teil der Struktur (dem „Reifen“ des Velorads) kann Licht zirkulieren, das, wenn es gegen die Wände der Struktur prallt, einen sog. Strahlungsdruck auf das Glas ausübt, der eine leichte mechanische Vibration erzeugen kann. Diese Resonatoren sind in der Lage, auf kleinem Raum für relativ lange Zeit Photonen (Licht) und Phononen (Schwingungen) zu speichern.

Fast absoluter Nullpunkt

In den Experimenten von Tobias Kippenberg wird der Resonator zunächst auf eine Temperatur von einem halben Grad über dem absoluten Nullpunkt herunter gekühlt (-273,15 °C). Aber selbst diese Kälte reicht nicht aus, um in das Quantenregime vorzudrin-gen, da die thermische Anregung des mechanischen Oszillators eine sog. „Quanten-Dekohärenz“ erzeugt. In einem im Jahr 2012 in der Zeitschrift Nature erschienenen Artikel haben Tobias Kippenberg und sein Team erstmals berichtet, dass sich durch weitere Reduzierung der Temperatur des mechanischen Oszillators durch eingekoppeltes Laserlicht, das Regime der Quanten-Kohärenten Kopplung zwischen Licht und einem Mechanischen Oszillator erreichen lässt. Während dieses Prozesses wird die Wechselwirkung zwischen Licht und Resonatorschwingung so stark, dass beide eine unzertrennliche Verbindung eingehen. Der Austausch von Energie zwischen dem mechanischen Oszillator und dem Lichtfeld erfolgt dabei so schnell, dass die Kohärenz der Quanten-Zustände gewahrt bleiben kann.

An diesem Punkt ist der Oszillator so kalt, dass er sich die meiste Zeit im Quantengrundzustand befindet. Dabei handelt es sich um einen minimalen Schwingungszustand, der nur mit Hilfe der Quantenmechanik beschrieben werden kann (die insbesondere besagt, dass ein Objekt selbst am absoluten Temperaturnullpunkt nie völlig unbeweglich ist).

Praktische Quanten

Parallel zur Grundlagenforschung betreibt Tobias Kippenberg auch anwendungsorientierte Forschung. So nutzt der Physiker eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft der Mikroresonatoren: wird das Licht eines Laserstrahls mit Hilfe einer kleinen Glasfaser in einen Mikroresonator eingekoppelt, kann es einen „optischen Frequenzkamm“ erzeugen.

Frequenzkämme dienen insbesondere zur ultrapräzisen Kalibrierung von astronomischen Spektrometern oder zur Steigerung der Präzision von Atomuhren. Das Problem besteht darin, dass die derzeitigen Generatoren die Grösse eines Tisches haben und sehr teuer und komplex sind. Die von Tobias Kippenberg hingegen sind winzig klein und werden nach den gleichen Verfahren wie Mikrochips hergestellt. Ein erstes Patent wurde 2007 angemeldet, das zweite folgte im Jahr 2013. Der deutsche Wissenschaftler hofft, dass der Vermarktung dieser Erfindung im Rahmen eines Start-Ups nun nichts mehr im Wege steht.

Der mit 100 000 Schweizer Franken dotierte Nationale Latsis-Preis ist eine der wichtigsten wissenschaftlichen Auszeichnungen der Schweiz. Er wird jedes Jahr vom SNF im Auftrag der Internationalen Latsis-Stiftung verliehen und honoriert herausragende wissen-schaftliche Leistungen einer in der Schweiz tätigen Forscherin oder eines Forschers im Alter von maximal 40 Jahren. Die Übergabe dieses Preises, der zum 31. Mal verliehen wird, findet am 14. Januar 2015 von 10.30 bis 12.00 Uhr im Rathaus Bern statt. Die Teilnahme an der Veranstaltung steht allen Medien offen.

Kurzbiographie:

Tobias Kippenberg wurde 1976 in Berlin geboren und wuchs zunächst in Groningen, Niederlande, und später in Bremen, Deutschland, auf. Nach seinem Bachelorabschluss in Physik in Aachen wechselte er zum Caltech in Pasadena, Kalifornien, wo er sein Masterstudium (1999), sein Doktorat (2004) und ein Postdoktorat absolvierte. Nach einigen Jahren Tätigkeit als selbständiger Nachwuchs-Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und einer Habilitation an der LMU München, in Deutschland folgte er dem Ruf an die EPFL, wo er im Jahr 2013 ordentlicher Professor wurde.

Die Preise der Latsis-Stiftung

Die Latsis-Stiftung wurde 1975 von der griechischen Familie Latsis in Genf gegründet. Der Schweizerische Nationalfonds verleiht den Nationalen Latsis-Preis im Auftrag der Stiftung. Darüber hinaus gibt es vier mit jeweils 25’000 Schweizer Franken dotierte Latsis-Universitätspreise, die von den Universitäten Genf und St. Gallen, der ETH Zürich und der EPFL verliehen werden.

Dieser Beitrag wurde am von unter schweizweit veröffentlicht.

Über Leonard Wüst

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