Geschichten und Geschichtliches aus dem Entlebuch

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Staatskanzlei des Kantons Luzern

Staatskanzlei des Kantons Luzern

Von Entlebuchern, die zur Waffe greifen oder am Aschermittwoch Fleisch verzehren, erzählt unter anderem der neuste Band der Luzerner Rechtsquellenforschung. Das soeben erschienene Werk widmet sich der Vogtei Entlebuch im Zeitraum von 1358 bis 1600 und wurde vom Staatsarchiv Luzern in Zusammenarbeit mit der Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins realisiert.

Die Einwohnerinnen und Einwohner von Escholzmatt mussten im Jahr 1575 mit hohen Bussen oder Gefängnis rechnen, wenn sie am Aschermittwoch beim Verzehr von Fleisch oder Eiern erwischt wurden. Es waren nicht frühe Veganer, die dieses Gesetz beschlossen haben – in dieser Zeit erstarkte in der Stadt Luzern erneut der katholische Geist und der Einhaltung der Gebote kam ein besonderer Stellenwert zu. Das Fastengebot war in diesem Fall ausschlaggebend, dass rund 20 Männer und Frauen aus Escholzmatt verzeigt und angeklagt wurden. Acht Personen wurden zur Untersuchungshaft in Luzern eingekerkert und am Schluss wurde die als Hauptschuldige bezeichnete Escholzmatterin zu 200 Gulden Busse verurteilt – bei einem Tagesverdienst von einem Viertel Gulden war dies eine drakonischen Strafe. Den Verdacht, die angeklagten Männer und Frauen hätten womöglich auch noch heimliche Kontakte zu Protestanten aus dem Bernbiet gepflegt, konnte die Untersuchung nicht erhärten.

Rechtsquellen erzählen Geschichten
Dieses Beispiel zeigt: Geschichtsforschung in Rechtsquellen kann ungemein Spannendes und zuweilen aus heutiger Sicht Kurioses zutage fördern. Nicht anders im neusten Band in der Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, der sich dem Land Entlebuch im Zeitraum von 1358 bis 1600 annimmt. Das Werk widmet sich der Zeit, in der die adligen Herrschaften durch die Macht der Stadt Luzern abgelöst werden. Der Rechtsquellenband erzählt von Querelen mit den Pfandherren – etwa den Rittern vom Thorberg – oder der geistlichen Obrigkeit, von Konflikten unter der Landbevölkerung selber und schliesslich auch von den zuweilen handfesten Streitigkeiten mit den städtischen Autoritäten.

Der erste Teil der Sammlung umfasst 673 Buchseiten und zwei Karten. Bearbeitet wurden dafür unzählige Akten wie die erstmalige Edition des Landrechts von 1491 mit mehr als 200 Artikeln und speziellen Eiden für das Entlebuch. Diese Version des Landrechts ist erst seit 2012 bekannt. Weiter finden sich Dokumente, die Auskunft zur Organisation der Talschaft, zur Nutzung des Hochwaldes und der Alpen, zur Geschichte der Pfarreien, zur gewerblichen Tätigkeit und zu den Beziehungen zum benachbarten Bernbiet geben.

Bearbeitet wurde der Band von Andreas Ineichen, der beim Staatsarchiv des Kantons Luzern das vorwiegend mit Drittgeldern finanzierte Forschungsprojekt «Rechtsquellen» betreut. Im kommenden zweiten Teil der Publikation wird der Zeitraum bis ins 18. Jahrhundert abgedeckt. Hier wird es auch um den Bauernkrieg von 1653 und dessen Vorgeschichte gehen.

Weltweit einzigartig

Cover des neusten Bandes der Luzerner Rechtsquellen

Cover des neusten Bandes der Luzerner Rechtsquellen

Seit 1898 gibt die Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins die Sammlung der im Gebiet der heutigen Schweiz entstandenen Rechtsquellen heraus. Die Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen ist eine weltweit einzigartige Publikationsreihe, in der Archivalien veröffentlicht werden, welche die schweizerische Rechtsgeschichte dokumentieren. Ediert wird rechtshistorisches Quellenmaterial vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit (1798). In der Sammlung Luzerner Rechtsquellen erschienen bisher:

– «Stadt und Territorialstaat Luzern», bearbeitet von Konrad Wanner (Bände 1–4)
– «Vogtei und Amt Weggis», bearbeitet von Martin Salzmann
– «Vogtei Willisau», bearbeitet von August Bickel (in drei Bänden)

Bibliographische Angaben zum neusten Band: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, III. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Luzern, Zweiter Teil: Rechte der Landschaft, Band 3: Das Land Entlebuch I: 1358 bis 1600, bearbeitet von Andreas Ineichen, Basel 2016. ISBN 978-3-7965-3427-0

Anhang

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